Stellenwert und Herausforderung des Sanitätsdienstes

Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Sanitätsdienstes beim DRK Pfullendorf sorgen für die schnelle und kompetente Hilfe und die Versorgung von Verletzungen und/oder Erkrankungen, die sich Kinder und Erwachsene sich bei Veranstaltungen zuziehen.

Wie wir den Stellenwert des Sanitätsdienstes einschätzen und welche Herausforderungen gibt es? Wie der Sanitätsdienst aktuell aufgestellt ist und welche Entwicklungen wir erkennen, verraten wir Euch in diesem Beitrag.

Mit der Unterstützung der Kommune im kommunalen Testzentrum, der Gesundheitsbehörden und der Pflegeeinrichtungen in der Durchführung von Corona-Testungen, hat die Bereitschaft des DRK ihre mögliche Schlagzahl und auch Kompetenz mehrfach unter Beweis gestellt. Wenn wir bei einem DRK Ortsverein von den Hauptaufgabenfeldern sprechen, so sind das zweifelsfrei die Sanitätsdienste. Bei Großveranstaltungen bietet dieser ganz nebenbei die Möglichkeit, unseren Helferinnen und Helfern die Einsatzroutine durch Hilfeleistungen und medizinische Versorgung zu verschaffen. Aber auch finanziell sind wir auf die Erlöse aus den Sanitätsdiensten unbedingt angewiesen, da wir hieraus die Ausbildung, Ausstattung, Verbrauchsmaterial und auch die Einsatzdienste wie HVO (Helfer-vor-Ort) und die SEG (SchnellEinsatzGruppe) finanzieren müssen. Aus diesem Grund ist der Sanitätsdienst nicht nur eine sehr wichtige Säule in der Arbeit der Bereitschaften sondern auch zur Sicherstellung der Einsatzdienste für die Bevölkerung und bei Feuerwehreinsätzen.

 

 

Wirtschaftliche Fragen und gestiegene Qualifikationsansprüche

Insgesamt müssen wir uns als gemeinnützige Hilfsorganisation im DRK auch mit wirtschaftlichen Fragen auseinandersetzen. Die Qualifikationsansprüche an den Sanitätsdienst sind gestiegen und führen regional zum Teil zu veränderten Preisstrukturen. Eine einheitliche Marschrichtung wäre insgesamt wünschenswert. Die Planung und Durchführung eines Sanitätsdienstes – insbesondere bei Großveranstaltungen- wird durch die stets wachsenden regulatorischen Anforderungen immer schwieriger. Die seit Jahren erkennbare Entwicklung im Ehrenamt verschärft die Situation weiter und würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass diese Anforderungen nur noch mit dem Hauptamt leistbar werden.

Schon seit über 10 Jahren zeigen sich die Entwicklungen im Ehrenamt – bis heute wurde nicht reagiert

Bisher konnten die Kosten durch die Einsatzbereitschaft ehrenamtlicher Helfer für alle sehr niedrig gehalten werden. Bereits seit über 10 Jahren sind die entgegengesetzten Entwicklungen jedoch erkennbar. Sobald die Anforderungen ehrenamtlich nicht mehr gestemmt werden können, entstehen durch hohe Personalkosten aus dem Hauptamt zwangsläufig auch erheblich höhere Stundensätze, die in Rechnung gestellt werden müssen.

Anforderungen sind zum Teil regional sehr unterschiedlich

Die Anforderungen der Kommunen und Genehmigungsbehörden sind regional zum Teil sehr unterschiedlich oder schlichtweg nicht vorhanden. Fehlende Auflagen machen die Planung haftungsrechtlich für alle Seiten sehr schwierig. Unterschiedliche Anforderungen wiederrum führen zu unterschiedlichen Sichtweisen. Es macht einen Unterschied, ob die Floskel „für einen ausreichenden Sanitätsdienst ist zu sorgen“ oder aber ganz konkret geschrieben wird „es müssen xy Sanitäter vor Ort sein“ bzw. „die Bemessung des Sanitätsdienstes hat nach Algorithmus xy zu erfolgen“ (Begründbare Abweichungen aufgrund bestehender Erfahrungswerten sind dadurch trotzdem nicht ausgeschlossen). Erschwerend kommt hinzu, dass durch langjährige, lokale Verbundenheit noch Preisstrukturen herrschen, die nicht die Kosten decken. Sofortige Preisanpassungen sind hier zum Teil ungebührlich oder schlichtweg nicht möglich, da diese für zu hohe Preissprünge führen würden. Dieser Prozess bzw. diese Anpassung muss auf Jahre gestreckt werden. Steigende Preise und sogar Preissprünge sind nicht immer leicht zu kommunizieren.

Über 90 % der Helfer sind im Gesundheitswesen -und somit im Schichtdienst- unterwegs

Die hohe Kompetenz und Qualität der Sanitätsdienste zeigt sich, dass über 90 % der Helferinnen und Helfer hauptberuflich im Gesundheitswesen und somit im Schichtdienst unterwegs sind. Einerseits freuen wir uns über diese vorhandene Qualität, andererseits verschärft dies unsere Situation, da ein Helfer nach einem anstrengenden Nachtdienst in der Notaufnahme verständlicherweise am nächsten Tag nicht zum Sanitätsdienst eingesetzt werden kann.

Die Zeit der „Sportplatzdienste“ für eine Curry-Wurst sind vorbei.

Nicht nur die steigende Komplexität im Gesundheitswesen sondern auch die steigende Arbeitsbelastung (sei es durch Krankenhausschließung oder Pandemie) hat sich auch im Ehrenamt gezeigt, dass es schwierig bis unmöglich ist, die geforderte Qualität und Personalstärke in Einsatz zu bringen. Gesteigerte Kosten des täglichen Lebens zwingen die Ehrenamtlichen dazu, ihre bisher für das Ehrenamt bereitgestellte Zeit, ggf. anders zu planen (bspw. Nebenjob). Noch vor 10 Jahren hätten wir die Aussage unterschrieben: "wer das wegen Geld macht, auf den kann man im Ehrenamt verzichten". Wegen Geld macht es immer noch niemand, jedoch muss dringend und ganz schnell ein Umdenken her!

Es ist verständlich, dass bei den Ehrenamtlichen für die eingebrachte Freizeit, Arbeitskraft, die hohe Kompetenz sowie die übernommene hohe Verantwortung gegenüber der eigenen Familie und der Patienten zwischenzeitlich auch der Anspruch erwächst, für den Aufwand entschädigt zu werden. Diese Forderung ist umso verständlicher, desto mehr die faktisch nicht vorhandene Helfergleichstellung zwischen Feuerwehr und Hilfsorganisationen betrachtet wird.

Aufgabe des Sanitätsdienstes ist Entlastung des Rettungsdienstes

Die Kernkompetenz und Aufgabe des Sanitätsdienstes liegt darin, den öffentlichen Rettungsdienst durch die Versorgung von Bagatellverletzungen und die Priorisierung von Transporten zu entlasten. Insbesondere Großveranstaltungen, sind durch die Konzentration vieler Menschen auf engem Raum oder durch die Eigenart der Veranstaltungen mit besonderen Gefahren verbunden, welche durch eine steigende Anzahl von Patienten, die Grundzüge einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdiensten, gefährden könnte. Durch die schnelle Situationseinschätzung dann der Rettungsdienst gezielter eingesetzt werden.

Etwas schade finden wir, dass sich die Arbeit unserer Helferinnen und Helfer (nach vorherrschender Meinung von Aussenstehenden) teils auf die Ausnüchterung zu reduzieren scheint und sich die kompetente sowie verantwortungsbewusste Arbeit unserer Helfer auf diese ("Aus-")Fälle reduziert. Selbstverständlich kommt es mal vor, dass es für ein Gast besser gewesen wäre, auf das letzte Getränk zu verzichten. Dennoch hatten die letzten Jahre, Einsätze aufgrund übermäßigem Alkoholkonsum, einen ganz sehr geringen Anteil an der Gesamtanzahl der Einsätze bei den Sanitätsdiensten, bei denen uns regelmäßig nicht langweilig wird. Aber: Vom sogenannten "Koma-Saufen" waren wir in den vergangenen Jahren erfahrungsgemäß ganz weit weg! 

Großveranstaltungen in Stuttgart als Fortbildung, Motivation und Training für unsere Helferinnen und Helfer

Seit Jahren dürfen wir unsere Kolleginnen und Kollegen des DRK in Stuttgart bei verschiedenen Veranstaltungen rund um den Neckarpark unterstützen. In dieser Zeit durften wir nicht nur tolle Events hautnah miterleben, sondern auch super Menschen kennenlernen, zu denen wir mittlerweile auch eine sehr gute Freundschaft aufgebaut haben. Ganz nebenbei holen sich unsere Helfer bei diesen Events der Extraklasse die entsprechende Einsatzroutine. Selbst wenn Veranstaltungen in Stuttgart mit über 80.000 Menschen im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen rechnerisch bei uns gerade mal eine kleinere Veranstaltung wären mit 1.500 Menschen, so ist das natürlich de facto nochmals eine ganz andere Hausnummer und auch ein besonderes Erlebnis, wenn man diese Veranstaltungen nicht als Besucher erlebt, sondern ein Teil davon ist.

Faktisch sind wir ein verlässlicher Partner für den Sanitätsdienst.

Wir können stolz von uns behaupten, dass wir es geschafft haben, ein tolles Team aufzubauen und den Kern dieses Teams auch über die Pandemie hinweg zu halten. Mit hoher Kompetenz und Erfahrung gehen unsere Helfenden täglich in den Einsatz um Menschen zu helfen oder sie nach Unfällen gesund zu pflegen. Die Entwicklung des Ehrenamtes ist für uns leider keine Überraschung. Hierauf haben wir seit Jahren hingewiesen. Der Stellenwert des Sanitätsdienstes ist für die Bevölkerung als Baustein der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr, der Sicherstellung eines bedarfsgerechten Rettungsdienstes und auch als Teil eines sicheren Events nicht wegzudenken. Wir wünschen uns hierdurch Verständnis für unsere Arbeit und

ein ganz schnelles politisches Handeln nach jahrelangem (tatenlosem) Zusehen.